Im Augenblick leiden viele Menschen unter Angst. Das ist, aus psychologischer Sicht, eine normale Reaktion, wenn die Umstände, in denen man lebt, unsicher und unberechenbar sind. Wer das erlebt oder damit rechnet, fühlt sich in der Regel hilflos und machtlos, und das wiederum führt zu innerer Anspannung: der Körper bereitet sich vor auf drohende Gefahr, um sie besser abwehren zu können. Und zwar ganz egal, ob es sich dabei um eine Gefahr handelt, die er abwehren kann oder nicht. Anspannung bedeutet Stress, und das führt zu erhöhter Reizbarkeit und Ängstlichkeit. Manche Menschen spüren das in Form einer ständigen inneren Unruhe, wieder andere in Form von heftiger Angst, in bestimmten Situationen oder dauerhaft.
Leider bekleckert sich ein Großteil der psychologischen Zunft beim Tipps geben in der aktuellen Corona-Lage nicht gerade mit Ruhm.
Ablenkung wird empfohlen. Was machen Leute, denen man das sagt? In der Regel schauen sie fern, hören Radio oder betäuben sich mit Alkohol. Alle drei Varianten haben solide Nebenwirkungen. Fernsehen und Radiohören verstärken Angst, weil ständig Katastrophenmeldungen gesendet werden, die die Ängste noch verstärken. In Alkohol haben sich Sorgen noch nie effektiv aufgelöst. Dazu kommt, dass gerade Alkohol und Fernsehen im Körper weiteren Stress auslösen. Ein Teufelskreis, der verschlimmbessert. Und mal ganz ehrlich: wenn ich weiß, dass mein Großmütterchen vor Einsamkeit weinend im Altersheim liegt, kann ich mich zwar bewusst ein paar Stunden davon ablenken – aber im Hintergrund lauert der Schmerz. Besser also gar nicht erst versuchen.
Positiv Denken, lautet der nächste blödsinnige Rat. Dass krankhaftes positives Denken viel mehr schadet als nutzt, haben schon Millionen von Menschen am eigenen Leib erfahren. Es erfüllt alle Kriterien für Verdrängung: Probleme ausblenden und sich die Dinge schönreden. Das führt zu gravierenden psychologischen Problemen. Denn die Seele lässt sich nicht austricksen. Wenn ich weiß, mein Job und meine Existenz stehen auf der Kippe, kann ich mir noch so oft sagen, dass sicher danach etwas Besseres kommt. Ich weiß aber gleichzeitig sehr genau, dass das nicht unbedingt der Fall sein muss, und dass es auch gewaltig schief gehen kann.
Der dritte Tipp, der wenigstens nicht schadet, ist der: Tu Dinge, die dir gut tun. Geh laufen, raus in die Natur, mache Sport, sei kreativ.
Aber all das klingt nach Durchhalten, bis die schwere Zeit vorbei ist. Als würde dann die alte Zeit wieder da sein. Ob das aber der Fall sein wird?
Was hilft nun wirklich gegen Unruhe und Angst?
- Hinschauen, um zu wissen, was gerade wirklich los ist. Das gibt Kontrolle, auch wenn es vielleicht erst einmal weh tut
- Da handeln, wo man handeln kann. Die Großmutter ist im Heim alleine? Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, die Pflegesituation zu ändern, vielleicht in Zusammenarbeit mit anderen. Auch kreative Ideen können helfen
- Netzwerke suchen und aufbauen. Menschen haben schon immer Schwierigkeiten am besten in der Gruppe bewältigt. Wahrscheinlich konnte sie nur deshalb überleben, weil sie sich in Gruppen zusammengetan haben. Gerade, wenn die Zeiten schwierig und vielleicht viele Probleme zu lösen sind, sind Gemeinschaften unersetzlich. Wenn du kein Netzwerk hast, suche dir eins. Kontaktiere Menschen, die du kennst, frag sie, wie es ihnen geht und auch, ob du ihnen irgendwie helfen kannst. Suche den Kontakt und pflege ihn. Gerade jetzt, wo uns die Bestimmungen das so schwer machen. Du kannst das Telefon nutzen, das Internet, einen Spaziergang machen, dich mit einem netten Menschen auf einen Kaffee verabreden, ruhig bei dir zu Hause. Das kannst du jeden Fall machen, wenn du möchtest, auch mehrmals. Und wenn du eine richtige Gruppe gründen möchtest, in der sich gegenseitig richtig geholfen wird, findest du hier Anregungen: https://viribus-unitis.online/
- Oxytocin suchen. Dieses körpereigene Hormon wird nicht nur bei Körperkontakt ausgeschüttet, sondern auch in Situation, in denen wir uns anderen Menschen nah fühlen. Das geht, wenn wir jemanden gut kennen, auch am Telefon. Oxytocin beruhigt und schafft ein Gefühl von Sicherheit, aus dem heraus sich besser handeln lässt. Lachen und Staunen aktiviert es ebenfalls, sowie regelmäßige Meditation. Und natürlich die Erfahrung, Menschen zu haben, auf die man sich verlassen kann. Siehe Punkt 3 ?
- Außerdem einen guten Magnesiumspiegel und ausreichend Vitamin D3, damit der Körper auch die Chance hat, innere Ruhe herzustellen. Das fehlt vor allem im Winter bei den meisten. Du kannst deinen D3-Spiegel beim Arzt messen lassen.
Pass weiterhin gut auf dich auf!
2 Kommentare zu „Das hilft wirklich gegen Unruhe und Angst – die drei besten Strategien“
Hallo Frau Precht,
Super erklärt und sehr hilfreich.
Ich finde in Ihren Artikeln viele Antworten und spüre, hier kann mir geholfen werden. Ich suche Schon lange Hilfe, bin seit 22.03.2019 wegen extremen Mobbing am Arbeitsplatz krankgeschrieben, habe familiäre Probleme und leide sehr stark darunter.
Ich habe das Kontaktformularschon ausgefüllt und nach einem Termin bei Ihnen angefragt.
Schöne Grüße
Danke für Ihren leicht verständlich geschriebenen Artikel. Was ich noch empfehlen kann zur inneren Beruhigung: Die bewusste ruhige Atmung. 5s einatmen, 5s ausatmen, möglichst als Bauchatmung. Die Zwerchefellbewegung moduliert unseren Vagusnerv. Der Datenverkehr des Vagusnerves ist 80% upstream in unser Gehirn. Durch die Atmung sendet der Vagusnerv: alles ist in Ordnung, was von allen alten vegetativen Systemen übernommen wird, während das „positive Denken“ nur Geschwätz vom Frontallappen ist ?
Man kann diese Übung sehr gut mit einer einfachen, soliden Biofeedbackmessung ergänzen: Der Herzratenvariabilität, kurz HRV. Da gibt es inzwischen eine Vielzahl von Messgeräten, welche auch die Distanz zwischen den Herzschlägen ermitteln. Je synchroner, desto mehr Stress ist im vegetativen System vorhanden.