Die so genannte Midlife-Crisis ist gefürchtet und wird belächelt. Da ist jemand zwischen 40 und 50 und will plötzlich sein Leben noch einmal umkrempeln. Meist wird er (oder sie!) als Spinner abgetan. Der wird sich schon wieder beruhigen. Dass Menschen in der Midlife-Crisis manchmal belächelt werden, ist nachvollziehbar. Stolzieren doch manchmal angegraute Herren an der Seite immer jüngerer Frauen durch die Gegend. Oder tauschen den alten Opel gegen einen Porsche. Und Frauen unterwerfen sich kosmetischen Eingriffen, um jünger auszusehen und machen sich selbstständig als Coach oder Lebensberaterin. Man könnte meinen, diese Phase vernebelt den Verstand, ein wenig wie die Pubertät. Dabei ist die Midlife-Crisis wirklich wichtig – wenn man sie nutzt, anstatt ihren eigentlichen Sinn zu verdrängen.
Was meine ich damit?
Krisen im Leben sind wichtig. Sie leiten Veränderungsschritte ein, die notwendig sind, damit wir uns als Menschen entwickeln und entfalten. Die Midlife-Crisis gehört zu den so genannten Bilanz-Krisen. In der Regel tritt sie dann ein, wenn wir merken: Das Leben dauert nicht ewig. Es ist begrenzt. Meine Zeit läuft. Und uns dann fragen: Lebe ich richtig? Will ich, dass es so weiter geht, wie es ist? Oder brauche ich noch etwas anderes, damit mein Leben wirklich lohnenswert und sinnvoll war?
Auslöser kann ein runder Geburtstag sein. Das ist meistens der 50-er. Oder der Tod eines Freundes im gleichen Alter. Oder, wenn Frauen zuhause für die Kinder da waren, deren Auszug. Oder eine Krise in der Beziehung. Oder eine schwere Krankheit, die mit einer körperlichen Einschränkung einhergeht. Wir merken: Wir werden älter.
Wer das nicht gut aushalten kann, versucht, die Uhr zurückzudrehen: Mit einem neuen und jüngeren Partner, mit Botox oder einer Haartransplantation, mit anderen Symbolen, die Jugendlichkeit ausdrücken, all das sind Verdrängungswerkzeuge, die die Krise puffern und uns die Illusion geben, es gehe so weiter wie bisher. Natürlich hilft das nicht dauerhaft.
Nehmen wir die Fragen ernst, die wir uns in der Midlife-Crisis stellen, wird es dagegen interessant. Will ich wirklich so weitermachen? Nein! Gut! Was muss ich verändern, damit mein Leben / meine Beziehung / meine berufliche Tätigkeit wirklich lebendig werden? Damit mein Leben erfüllt wird? Was ist wirklich wichtig für mich?
Auf diese Fragen gibt es nicht immer eine schnelle Antwort. Sie erfordern, dass wir viel auf den Prüfstand stellen. Das ist gut so. Erstaunlicherweise krempeln viele Menschen hinterher eben gar nicht ihr ganzes Leben um. Sie merken: Vieles ist schon gut. Viele Entscheidungen waren richtig. Aber die Art und Weise, wie ich sie lebe, war es vielleicht nicht. Sie gewichten anders. Mehr Beziehungsengagement, mehr Freunde, und die richtigen, mehr Bewusstheit, weniger Fernsehen, mehr Natur, weniger Jammern, mehr Engagement.
Krisen sind wichtig. Nimm sie ernst und nutze ihr Potential. Denn sie wollen dein Leben besser machen!